15.02.2020 bis 06.09.2020
Die Künstler Nauderer, Paulus und Swann arbeiten figurativ. Im Zeitalter der zunehmenden narzisstischen Selbstdarstellung des Einzelnen beschäftigen sie sich hingegen mit der Frage nach Identität und dem Abbild des Menschen. Ihr künstlerischer Kosmos kreist um Gesicht, Figur und Maske. Das Verweigern von Eindeutigkeit ist allen drei Künstlern eigen.
Herbert Nauderer entführt uns in eine unheimliche Welt, „Mausmannsland“ genannt. Mit dem Mausmann erfindet er eine surreal anmutende Kunstfigur, die sich dem Betrachter als Mischwesen aus Mensch und Tier vorstellt und sich zwischen Realem und Erfundenem, Bewusstem und Unbewusstem bewegt. Die schwarze Gesichtsmaske mit überdimensionierten Mäuseohren à la Micky Mouse wird zum ünstlerischen Motiv. Die Verfremdung wird zum Sinnbild der Einsamkeit und Entfremdung.
Die beklemmende Atmosphäre gipfelt in dem Kurzfilm „Parasite Island“, den Nauderer mit Josef Bierbichler und Sibylle Canonica als Schauspieler*in drehte. Ein häusliches Familiendrama, in dem der Mausmann zum vermeintlich geliebten und gleichzeitig verstoßenen Sohn wird. Das familiäre Idyll wird als Lüge entlarvt und endet in der Ausübung von Macht und körperlicher Gewalt. Es geht um gestörte Kommunikation und Sprachlosigkeit, das Sehnen und Scheitern menschlicher Beziehungen und nicht zuletzt das Verhältnis der Gesellschaft zum Fremden, zum Außenseiter.
Duncan Swann zeigt Menschen als Porträt oder ganze Figur, mal einzeln, mal neben- und untereinander aufgereiht. Der Maler markiert und nummeriert seine Figuren, übermalt deren Köpfe, umrandet sie oder streicht sie aus. Das System dahinter bleibt für den Betrachter undurchsichtig. Seit Langem beschäftigt er sich mit der Rolle der Maske in Kunst und Literatur. Das Gesicht hinter der Maske ist zentraler Ausgangspunkt vieler Arbeiten, alles dreht sich um die Begegnung mit dem Inneren ebenso wie mit dem Anderen.
„Swanns Bilder zeigen Konstellationen, die zeitlos wirken, als hätte es sie schon immer gegeben, weshalb man sich erinnert fühlt. Doch an was? Man sucht unweigerlich nach gespeicherten Erinnerungen, doch dann sind da diese Schleier, zarte Störungen, hinter die man blicken möchte. Duncan Swanns Bilder sind keine Spiegel, in denen sich das Andere entdecken ließe. Es sind Tunnel – der Zeit, der Erinnerung, in denen wir uns selbst im Anderen erkennen können.“ (Michael Buhrs)
Martin Paulus beschäftigt sich in seiner Malerei – ähnlich wie Duncan Swann – mit der Interpretation anonymer Fotografie. 2016 bearbeitet er ein altes Kunstbuch über Pieter Bruegel aus der ehemaligen DDR: „Dieses spröde, gemessen an heutigen Maßstäben, bescheiden ausgestattete Kunstbuch, seine irgendwie demütig und ärmlich erscheinende sozialistische Patina, die etwas groben, fast ausschließlich in Schwarz-Weiß wiedergegebenen Abbildungen auf billigem, dünnem, zeitungsartigem, nunmehr stark vergilbtem Papier ging mir wochenlang nicht mehr aus dem Kopf… All das: ein Buch, ein Land und seine Menschen waren Makulatur geworden.“ (Martin Paulus)
So beginnt er einen assoziativen zeichnerischen Dialog mit Pinsel und Holzbeize, indem er die Menschenbilder von Bruegel Seite für Seite übermalt. Der so entstandene Zyklus „Der düstere Tag“ – benannt nach Bruegels Gemälde, das sich heute im Kunsthistorischen Museum in Wien befindet, steht Pate für den Titel der Ausstellung. Scheinbar in weite Ferne gerückt, wurde es doch vor 455 Jahren gemalt, konstatiert Martin Paulus: „Seine zur Ewigkeit in Öl auf Holz geronnene Düsternis wird aber als unabdingbare Voraussetzung menschlicher Existenz weiterbestehen. Zeichnet sich denn an unserem Horizont ein letzter düsterer Tag ab?“
DER DÜSTERE TAG – NAUDERER. PAULUS. SWANN.
wird von der Franz Schmid Stiftung Marktoberdorf finanziert.
Downloads:
Flyer zur Ausstellung "Der DÜSTERE TAG- NAUDERER. PAULUS. SWANN.